Gedichte von Friedrich Achleitner
öck. ⋅ Tumult im Wiener Konzerthaus: Die Vortragenden werden wüst beschimpft, jemand ruft sogar «In die Gaskammer!» – und das bei einer Lesung von Mundartgedichten. Was ist passiert? Drei junge Dichter haben es gewagt, den Dialekt nicht als Ausdruck von Heimatverbundenheit, sondern als Ausgangsbasis für moderne Lyrik zu begreifen. Ihre Namen: H. C. Artmann, Gerhard Rühm und Friedrich Achleitner. Die Lesung ging 1959 über die Bühne. Heute zählen viele der einst skandalträchtigen Verse zum Repertoire von Österreichs Schul- und Lesebüchern. Allein der Gedichtband «hosn rosn baa», in dem sie damals erschienen waren, ist längst vergriffen. Bei Zsolnay sind Achleitners Gedichte unter dem Titel «iwahaubbd» nun wieder aufgelegt und um eine umfangreiche Sammlung seither entstandener Texte erweitert worden, in denen der Dichter der Musikalität des Innviertlerischen nachspürt. Am Dialekt interessiert ihn die Vorliebe für Behauptungen und der Hang zur Wiederholung: Als Stilmittel eingesetzt, sorgen diese Charakteristika für grosse Komik – etwa bei der neunmal wiederholten Zeile «so an debbm biddn» («so einen Deppen bitten»), auf die ein lapidares «naa» folgt. Stets bleiben aber auch seelische Abgründe sichtbar. «In den Bauernhöfen gab es so gut wie keinen Wortschatz, um Gefühle auszudrücken», heisst es im Nachwort. Zwei einsame hochdeutsche Zeilen haben sich unter Achleitners schräge Gedichte, Gstanzln und Schnaderhüpfln verirrt. Sie können als Motto des Bandes verstanden werden: «wer schaffen will / muss fröhlich sein.»